Traumjob Influencer*in?
Sie hat 2,3 Millionen Abonnent*innen auf Tiktok und 1,3 Millionen Follower auf Instagram und zählt damit zu den erfolgreichsten Influencer*innen Österreichs. Lisa-Maria Schiffner erzählt im TOPIC-Interview von ihrem Job als Content-Creatorin, der ihr viel Freude macht, aber auch Schattenseiten hat.
TOPIC: Lisa-Marie, du hast vor rund zehn Jahren dein erstes Video auf Youtube hochgeladen. Hast du damals davon geträumt, einmal so bekannt zu werden?
Lisa-Marie Schiffner: Nein, es war auch nie mein direktes Ziel. Und ich bin der Meinung, dass ich es deswegen auch nach zehn Jahren immer noch mit so einer Leichtigkeit und mit so viel Liebe zum Detail mache. Es ist wunderschön zu sehen, wohin sich dieser Weg entwickelt hat und wie viele Menschen ich nun erreichen kann. Plötzlich gingen Kindheitsträume in Erfüllung, und was gibt es Schöneres, als erfüllt von dem zu sein, was man macht? Mit dem Wachstum kommt auch eine große Verantwortung, mit der man sich täglich auseinandersetzen sollte.
Wie hat sich deine Karriere entwickelt? Seit wann kannst du von dieser Tätigkeit leben?
Ich glaube, man muss immer für sich selbst definieren, was genug zum Leben ist. Da ich so früh damit angefangen habe und noch ein Teenager war, musste ich nicht davon leben können. Anfangs habe ich damit gar nichts verdient – erstens, weil es den Bereich, wie es ihn heute gibt, noch nicht gab, und zweitens, weil ich einfach aus Spaß Fotos auf Instagram und irgendwann auch Videos auf Youtube hochgeladen habe.
Ein paar Jahre später konnte ich das Ganze jedoch sehr gut in ein Business umwandeln und kann bis heute sehr gut davon leben. Dadurch konnte ich mir ermöglichen, ein Startup ins Leben zu rufen, denn ein großer Traum von mir war es immer, eine eigene App zum Thema „Foto und Video“ zu launchen. Gesagt, getan: Seit 2020 ist nun die All-In-One-Creator-App in Arbeit, mit der ich andere gern in ihrer Kreativität fördern möchte. Von Foto- und Videoeditor über Filter, Templates, News und Community – alles an einem Ort.
Meine Zukunftsträume liegen inzwischen im Privaten, daher baue ich mir gute Standbeine auf, um diesen tiefen Träumen im Privatleben nachzugehen. Denn so wundervoll es auch ist, Erfolge zu feiern: Man sollte nie das reale Leben vergessen!
Würdest du rückblickend etwas anders machen?
Ich habe gelernt, weniger auf Meinungen anderer zu hören, die meine Leidenschaft für das Kreieren nicht verstehen. Ich habe das immer geliebt, aber aufgrund meines Starts auf Social Media wurde ich einige Jahre in der Schule gemobbt. Rückblickend hätte ich hier aber nichts verändern können, denn Höhen und Tiefen gehören dazu. Niemand wünscht sich solche Situationen und trotzdem haben sie mich sehr stark gemacht. Noch ein Punkt: Es ist wichtig, darauf zu achten, wem man etwas anvertraut, und auch im Business nicht jede Idee preiszugeben. Ich musste auf die harte Tour lernen, dass man nicht jedem vertrauen kann. Der Weg zum Erfolg kann daher manchmal etwas einsam sein, aber gleichzeitig zieht man Menschen an, die einen schätzen und supporten.
Wie kann man sich einen durchschnittlichen Arbeitstag von dir vorstellen?
Jeder Tag ist anders. Mein Alltag besteht inzwischen nicht nur aus dem Kreieren von Content, der täglich veröffentlicht wird, sondern auch aus der Arbeit in meinem Unternehmen. Ich arbeite mittlerweile für viele große Marken und habe dazu meine eigene Personal Brand sowie ein Tech-Startup namens LMWY. Meine Arbeit umfasst das Aufnehmen, Schneiden und Bearbeiten, das Hochladen meines Contents, die Umsetzung von Projekten für Kunden, den Aufbau meiner eigenen App sowie Reisen und Events. Alle diese Aufgaben erledige ich selbst und versuche, sie noch allein zu bewältigen, obwohl ich mittlerweile sagen kann, dass ich zehn Leute beschäftigen könnte. Daher verbringe ich den ganzen Tag damit, meinen Verpflichtungen nachzukommen. Ich trage inzwischen eine enorme Verantwortung in meinem Job, und deshalb ist es wichtig, bald mehr Arbeit abzugeben.
Lässt sich „Influencer*in“ lernen? Was muss man mitbringen, um in dieser Branche Erfolg zu haben?
Durchhaltevermögen, Wissbegier, Spaß und Beständigkeit, eine gute Beziehung zu sich selbst, Grenzen setzen und ein Fundament im realen Leben.
Ich glaube, das Wichtigste ist, zu verstehen, dass mein Weg zehn Jahre harte Arbeit erfordert hat und mir die Erfolge und die Community nicht plötzlich zugeflogen sind. Durchhaltevermögen und die kontinuierliche Weiterentwicklung sind entscheidend, ebenso wie das konsequente Hochladen von Content, idealerweise noch am selben Tag. Ich habe gemerkt, dass man gut auf sich selbst achten muss, weil es nicht einfach ist, in der Öffentlichkeit zu bestehen. Seit es Stories gibt, habe ich täglich eine Story hochgeladen, außer ich war krank. Es muss einem bewusst sein, dass es nicht wie ein gewöhnlicher Job ist, bei dem man nach Hause geht und abschaltet, sondern dass es als Creator kein Ende gibt. Man muss sich selbst Grenzen setzen und lernen, mit seiner Zeit umzugehen, wie es in der klassischen Selbstständigkeit der Fall ist.
Wichtig ist, Verantwortung für die eigenen Aussagen, den Content und alles rund ums Business zu übernehmen. Man ist selbst verantwortlich für alles und für seinen Erfolg, sowohl online als auch finanziell. Zudem spielen die Faktoren, sich um sich selbst zu kümmern, Grenzen zu setzen, Nein zu sagen und ein Fundament im realen Leben zu haben, eine große Rolle. Als öffentliche Person benötigst du ein dickes Fell und bestenfalls Rückhalt, denn nicht jeder wird dich mögen, und das wird im Internet sehr schnell deutlich. Ich kenne viele, die ihren Selbstwert an Likes, Followern und Kommentaren messen. Das kann ordentlich nach hinten losgehen. Deshalb ist es wichtig, sich mit sich selbst und seinen Themen auseinanderzusetzen.
Kurz gesagt, man übernimmt viele Jobs gleichzeitig, wie zum Beispiel Fotos, Videos drehen, den Content schneiden und den Content auf allen Plattformen hochladen, Verhandlung für Jobs – all das sind normalerweise einzelne Positionen in großen Firmen.
Gibt es Tage, an denen du deine Berufswahl bereust?
Nein, für mich war es absolut die richtige Wahl, in den kreativen Bereich zu gehen. Ich hatte schon immer Interesse an Fotografie und Videografie. Heute kann ich genau das mit vielen Menschen teilen und meine Reichweite nutzen, um wichtige Themen, die mich bewegen, anzusprechen. Die Öffentlichkeit bringt einige Herausforderungen mit sich, mit denen man lernen muss umzugehen, wie zum Beispiel den Umgang mit Hate, verschiedenen Meinungen, Eingriffen in die Privatsphäre, ständiger Online-Präsenz und äußerem Druck. Für mich überwiegt die Leidenschaft und Freude daran. Für mich sind innerhalb der zehn Jahre so viel Träume in Erfüllung gegangen, dass ich einfach nur dankbar bin und vor allem stolz auf mich und mein Durchhaltevermögen.
Würdest du jungen Menschen raten, den Job „Influencer*in“ anzustreben? Und hast du ein paar Tipps oder Ratschläge, was sie beherzigen sollten?
Wenn man Interesse an Fotografie und Videokreation hat oder gerne über bestimmte Themen spricht, kann es eine tolle Möglichkeit sein, seine Arbeit zu teilen und daraus einen Beruf zu machen. Auch für kleine Unternehmen oder generell für Unternehmen sind die sozialen Kanäle heutzutage unverzichtbar. Der falsche Ansatz ist jedoch, es nur wegen des Geldes zu tun. Nicht jeder kann daraus einen Job machen und genug zum Leben verdienen; es kann eine Weile dauern, bis man die ersten Aufträge bekommt. Bei mir hat es auch einige Jahre gedauert, bis ich dafür bezahlt wurde. Man muss bedenken, dass 90 Prozent des Contents aus kompletter Eigenleistung bestehen und nicht entlohnt werden. Das bedeutet, man macht vieles aus eigener Kraft und Leidenschaft – wenn man es nur aus finanziellen Gründen tut, kann es gut sein, dass man es nicht lange macht oder schnell den Spaß daran verliert.