
TOPIC Plus, Oktober 2022
Atomkraftwerke – jetzt neu und besser?

Ein Kommentar von Florian Aigner
Atomkraftwerke bringen große Probleme mit sich: Wenn es zu einem Unfall kommt, können die Folgen schrecklich sein, und selbst im Normalbetrieb erzeugen sie Atommüll, den man dann mit großer Vorsicht für lange Zeit aufbewahren muss. Allerdings: Die allermeisten Atomkraftwerke, die uns diese Probleme bescheren, wurden vor mehreren Jahrzehnten gebaut, und seither hat sich die Technik verändert. Die Atomkraftwerke in Tschernobyl und Fukushima, in denen es zu schweren Unfällen kam, waren Kraftwerke der ersten Generation. Inzwischen baut man Atomkraftwerke der dritten Generation, die vierte wird bereits geplant. Was ist an den neuen Kraftwerksideen nun anders?
Der Auslöser für den Unfall in Fukushima war ein Erdbeben. Das Kraftwerk wurde ausgeschaltet, es muss allerdings nach dem Ausschalten noch tagelang gekühlt werden. Den nötigen Strom dafür liefern normalerweise Notstromgeneratoren, doch diese Generatoren wurden vom Tsunami zerstört, der auf das Erdbeben folgte. So konnten die Reaktoren in Fukushima nicht mehr gekühlt werden, es kam zur Kernschmelze, radioaktives Material wurde freigesetzt.
Moderne Reaktoren sind anders ausgelegt: Sie haben sogenannte „passive Systeme“ – das bedeutet, sie brauchen keine Energiezufuhr von außen, man kann sie notfalls sich selbst überlassen, ganz ohne einzugreifen. Das heißt nicht, dass sie ungefährlich sind, aber zumindest eine Situation wie in Fukushima hätten solche Reaktoren wohl überstanden.
Eine andere Idee ist der sogenannte „Flüssigsalzreaktor“: In bisherigen Atomkraftwerken ist der Brennstoff in festen Brennstäben eingeschlossen. Im Flüssigsalzreaktor besteht der Brennstoff von vornherein aus flüssigem Material, somit kann es auch zu keiner Kernschmelze kommen. In diese Technologie investiert unter anderem auch Bill Gates. In Frankreich wird nun an Mini-Reaktoren gearbeitet. Kleine Reaktoren beinhalten auch weniger radioaktives Material – das soll die Sicherheit erhöhen. Dafür braucht man aber auch mehr Reaktoren.
Auch für das Problem des Atommülls gibt es Ideen: Man könnte den Atommüll in einem eigens dafür gebauten Kraftwerk mit Teilchen beschießen. Dadurch könnte man erstens den Atommüll in andere Stoffe umwandeln, die ihre Radioaktivität viel schneller verlieren als gewöhnlicher Atommüll. Man müsste sie daher auch nicht so lange lagern. Und zusätzlich könnte man dabei sogar noch weitere Energie gewinnen und Strom erzeugen. Dieses Verfahren wird „Transmutation“ genannt.
Bisher wird das allerdings noch nicht gemacht. Wie erfolgreich diese Techniken in der Praxis tatsächlich wären, lässt sich daher heute schwer sagen. Von der neuen Idee bis zum fertigen Kraftwerk kann erfahrungsgemäß viel Zeit vergehen. Ob man solche Risiken eingehen möchte, hängt nicht bloß von technischen Ideen ab, sondern vor allem von politischen Entscheidungen.