REIMEREI – Mai 2024

Da kommt die Sonne

„Da kummt die Sunn, i gfrei mi, des is klass“ heißt es in einem alten Song der Austropop-Gruppe S.T.S. Eigentlich stammt das Lied von den Beatles und heißt „Here Comes the Sun“. Und tatsächlich scheint jetzt die Sonne wieder kräftiger. Wir freuen uns. Das Leben fühlt sich leichter an.

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In vielen Religionen wurde die Sonne als Gottheit verehrt. Re (auch: Ra) wart der Sonnengott im alten Ägypten. Die Griechen verehrten den Sonnengott Helios und bei den Germanen hieß die Sonnengöttin Sol. Die mittelamerikanischen Völker der Azteken und Maya brachten der Sonne sogar Menschenopfer dar. Blut sollte ihr die Kraft geben, um zu scheinen. Bei anderen Religionen, so auch bei den Christen, wird die Sonne als Schöpfung Gottes gepriesen – der berühmteste Text stammt von einem Bettelmönch im 13. Jahrhundert:

Der Sonnengesang
von Franziskus von Assisi
(gekürzt)
Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen,
besonders dem Herrn Bruder Sonne,
der uns den Tag schenkt und durch den du uns leuchtest.
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz:
von dir, Höchster, ein Sinnbild.
Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Mond und die Sterne.
Am Himmel hast du sie geformt, klar und kostbar und schön.
Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Wind,
für Luft und Wolken und heiteres und jegliches Wetter,
durch das du deine Geschöpfe am Leben erhältst.
Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Wasser.
Sehr nützlich ist sie und demütig und kostbar und keusch.
Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Feuer,
durch den du die Nacht erhellst.
Und schön ist er und fröhlich und kraftvoll und stark.
Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester Mutter Erde,
die uns erhält und lenkt
und vielfältige Früchte hervorbringt, mit bunten Blumen und Kräutern.

Franziskus (1181 bis 1226) lebte in dem italienischen Städtchen Assisi. Seine Eltern waren reiche Kaufleute. Aber Franziskus verzichtete auf jeden Wohlstand und lebte wie ein Bettler. Viele Menschen folgten und folgen noch heute seinem Beispiel. Der Sonnengesang zählt zur Weltliteratur. Franziskus schrieb ihn, als er krank in einer Hütte lag.

Jetzt bist du dran!

Die Ausdrücke Bruder Sonne und Schwester Mond klingen für uns fremd. In deutscher Sprache heißt es ja „die Sonne“ und „der Mond“. Franziskus schrieb den Text aber in italienischer Sprache und dort ist die Sonne männlich und der Mond weiblich. Was findest du passender?

Überlege, welche Eigenschaftswörter zu welchem Himmelskörper passen: sanft, feurig, kühl, glühend, kräftig, wandelbar, grell, heiß, gnadenlos, golden, silbern

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Von dir und der Sonne

Heute wissen wir, dass die Sonne keine Gottheit ist. Trotzdem sind wir dankbar und freuen uns, wenn sie scheint. Sie gibt uns Energie, sie vermittelt uns Freude, Zuversicht und noch mehr, wie du in dem Gedicht Sonnenspiegel nachlesen kannst.

Sonnenspiegel
von Gerold Schodterer
Bewahr’ die Sonnenstrahlen dir
für Regentage
Lass deinen Körper Speicher
für die Wärme sein
Spür’ ihre Kraft
in jeder Lebenslage
Fang’ mit dem Geiste dir
ihr Leuchten ein
Trag’ tief in dir
dies’ kraftgelad’ne Strahlen
Versuch es im Gedanken
zu versiegeln
Beginn an Nebeltagen
dir ihr Bild zu malen
So wirst in deinem Wesen du
die Sonne spiegeln

Gerold Schodterer (geboren 1956) ist ein österreichischer Goldschmiedemeister und Lyriker. Er lebt in Bad Ischl, der europäischen Kulturhauptstadt 2024.

Schreibe deine Gedanken auf!

Der Dichter rät dir im Gedicht Sonnenspiegel, dich mit den Strahlen der Sonne aufzuladen, damit du in dunklen Tagen diese Energie zur Verfügung hast. Welche Eigenschaften könnte dir der Mond vermitteln? Schreib einige Gedanken mit dem Titel „Mondspiegel“ auf.

S.T.S. – Da kummt die Sunn

Hier kannst du dir das Lied „Da kummt die Sunn“ von S.T.S. anhören.

The Beatles – Here Comes The Sun

Und hier hörst du das Original von den Beatles.

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