
REIMEREI – September/Oktober 2025
Gedichte nach Bauplan
Nicht alle Gedichte bestehen aus Verszeilen, die sich reimen, wie etwa „Herz“ auf „Schmerz“. Manche haben eine ganz andere Struktur. Aber alle Gedichte folgen einer bestimmten Ordnung.

Im TOPIC-Heft vom September/Oktober 2025 findest du auf den Seiten 34–35 Gedichte, die nach einem bestimmten Muster geschrieben wurden. Hier zeigen wir dir jetzt die „Geheimrezepte“, wie solche Gedichte entstehen.
Tanka
Ein Tanka ist ein traditionelles japanisches Gedicht, das aus fünf Verszeilen besteht.
Jede Zeile besteht aus einer bestimmten Silbenzahl: 5–7–5–7–7.
Ein Tanka drückt Naturstimmungen, Gefühle oder erlebte Eindrücke aus.
Hier ein Beispiel:
Dämmerung bricht an
Der Tag neigt sich zum Ende
Vögel verstummen
Der Mond kommt nun zum Vorschein
Und auch die Sterne leuchten
Nina Maier
Haiku
Das (oder der) Haiku ist eine traditionelle japanische Gedichtform.
Es besteht aus drei Zeilen mit insgesamt 17 Silben (5–7–5).
Es geht um Naturthemen oder Jahreszeiten. Haikus fangen einen besonderen Moment ein.
Hier zwei Beispiele:
Die Wellen rauschen
Sommerduft liegt in der Luft
Sand im nassen Haar
Lara Freisinger
Langsam fällt der Schnee
Die Landschaft draußen ist weiß
Erstarrt scheint der See
Katharina Mayr
Rondell
Ein Rondell ist ein Gedicht mit acht Verszeilen, die in einer einzigen Strophe angeordnet werden. Es gibt dabei kein festes Reimschema. Wichtig ist, dass sich einzelne Verszeilen wiederholen – das ist typisch für diese Gedichtform.
Ein Rondell passt gut zu Themen, die einen gewissen Zyklus haben oder sich im Kreis drehen – wie zum Beispiel Tageszeiten, Jahreszeiten oder Gedanken, die immer wieder auftauchen.
Es gibt verschiedene Varianten. Bei unserem Beispiel wird die erste Zeile in der vierten und siebenten Zeile wiederholt. Die zweite Zeile wird nochmals als letzter Vers eingesetzt. Die anderen Zeilen sind beliebig. Klingt kompliziert. Ist aber ganz einfach, wie du am folgenden Rondell sehen kannst.
1. Die Sterne glänzen fern und klar.
2. Die Nacht zieht leise ihre Bahn.
3. Und Stille senkt sich auf das Land.
4. Die Sterne glänzen fern und klar.
5. Der Mond erhellt die dunkle Nacht.
6. Er schenkt uns Licht, wo Schatten droht.
7. Die Sterne glänzen fern und klar.
8. Die Nacht zieht leise ihre Bahn.
Elfchen
Ein Elfchen besteht aus elf Wörtern, die in festgelegter Folge auf fünf Verszeilen verteilt werden.
Jeder Vers hat eine bestimmte Aufgabe:
1. Zeile: ein Gedanke, ein Gegenstand, eine Farbe, ein Geruch
2. Zeile: Was macht das Wort aus Zeile 1?
3. Zeile: Wo oder wie ist das Wort aus Zeile 1?
4. Zeile: Was denkst du über das Wort in Zeile 1?
5. Zeile: Was kommt dabei heraus?
Hier ein Beispiele:
Apfel
fällt vom Baum
knackig, gesund
ich mag rote Äpfel
Ernte
Katharina Mayr
Akrostichon
Eine Gedichtform, bei der die Anfangsbuchstaben jeder Zeile zusammen ein Wort bilden.
Die einzelnen Verszeilen sollen den Inhalt oder die Stimmung dieses Wortes wiedergeben.
Hier ein Beispiel:
Himmel färbt sich rot
Erstes Blatt tanzt sanft zu Boden
Ruhig weht der Wind
Bäume flüstern Abschiedsworte
Sonnenblumen verwelken
Träume steigen auf
Sasha Feuchtner
Jetzt bist du dran!
Hast du Lust bekommen, selbst ein Gedicht zu schreiben?
Dann leg los! Lass deine Gedanken fliegen – mit den Gedicht-Bauanleitungen kannst du sie wieder einfangen und in eine schöne Form bringen.
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