
NEWS – November 2025
Ein Blick nach Zypern
Sonne, Strand und blaues Meer – so stellen sich viele Menschen Zypern vor. Doch hinter der Urlaubsidylle verbirgt sich ein tiefer Konflikt: Seit 1974 ist die Mittelmeerinsel politisch in einen griechischen Süden und einen türkischen Norden geteilt.

Autor: Stephan Scharinger
Zypern liegt im östlichen Mittelmeer, nicht weit von der Türkei und Syrien entfernt. Mit einer Fläche von rund 9200 Quadratkilometern ist die Insel etwas kleiner als Kärnten. Schon in der Antike war Zypern für sein Kupfer bekannt. Auf Griechisch heißt Kupfer „kypros“ – daher hat die Insel wahrscheinlich ihren Namen.
Im Mittelalter war Zypern als Handelsplatz sehr bekannt. Später wurde die Insel eine britische Kolonie, das heißt, dass das Gebiet unter der Kontrolle Großbritanniens stand. 1960 wurde Zypern zwar unabhängig – doch es kam immer wieder zu gewaltsamen Konflikten zwischen den zwei Bevölkerungsgruppen.

Geteiltes Land
Seit Jahrhunderten leben auf Zypern zwei Bevölkerungsgruppen. Einerseits bilden die Griechisch sprechenden Zyprer*innen, die meist orthodoxe Christen sind, die Mehrheit. Daneben gibt es aber auch eine Minderheit von Zyprer*innen, die Türkisch sprechen und meist Muslime sind.
Nach der Unabhängigkeit Zyperns im Jahr 1960 blieb die Frage offen, wie die Insel in Zukunft aussehen sollte. Viele griechische Zyprer*innen wünschten sich eine Vereinigung mit Griechenland, während die türkischen Zyprer*innen das entschieden ablehnten, weil sie Nachteile für ihre Gemeinschaft befürchteten.
1974 führten griechisch-zyprische Offiziere einen Putsch durch, um die Regierung zu stürzen und die Insel an Griechenland anzugliedern. Damals herrschte in Griechenland eine Militärdiktatur, die dasselbe Ziel verfolgte. Als Reaktion darauf landeten türkische Soldaten auf Zypern und besetzten den Norden der Insel. Dabei kam es zu schweren Kämpfen mit vielen Toten und Verletzten. Dadurch setzte auch eine große Fluchtbewegung ein: Viele türkische Zyprer*innen flohen in den Norden, während griechische Zyprer*innen in den Süden der Insel zogen.
Mit einem 1974 ausgehandelten Waffenstillstandsabkommen wurde die Insel politisch geteilt. Im Süden liegt die Republik Zypern mit einer griechischsprachigen Mehrheit. Sie ist seit 2004 Mitglied der Europäischen Union. Der Norden dagegen wird als „Türkische Republik Nordzypern“ bezeichnet, die allerdings nur von der Türkei anerkannt wird.
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Geteilte Hauptstadt
Zwischen den beiden Teilen Zyperns verläuft die sogenannte „Grüne Linie“ – eine unbewohnte Pufferzone,die von UNO-Soldaten überwacht wird. Der Name „Grüne Linie“ kommt daher, dass ein britischer Offizier die Grenze mit einem grünen Stift auf einer Landkarte eingezeichnet hat.
Die Pufferzone ist heute rund 180 Kilometer lang und unterschiedlich breit – an manchen Stellen nur wenige Meter, an anderen mehrere Kilometer. Entlang der Grünen Linie stehen viele verlassene Häuser, deren Dächer längst eingestürzt sind, weil seit Jahrzehnten niemand mehr dort wohnt. Ganze Siedlungen wurden zu Geisterstädten. Die „Grüne Linie“ zieht sich sogar durch die Hauptstadt der Insel – Nikosia ist heute die einzige geteilte Hauptstadt der Welt.
Lange Zeit war die Grenze zwischen Norden und Süden komplett dicht, doch seit 2003 gibt es einige offizielle Übergänge. Dort werden die Pässe kontrolliert, wenn man auf die andere Seite möchte.

Hoffnung auf Annäherung
Immer wieder versuchen die Vereinten Nationen, die beiden Seiten zusammenzubringen. Doch ein Kompromiss ist schwer zu finden. Während der Süden auf eine gemeinsame Republik hofft, wünscht sich der Norden eine Anerkennung als eigenständiger Staat. Zuletzt gab es Streit über neue Grenzübergänge, die eigentlich das Leben der Menschen erleichtern sollten – doch die Gespräche endeten ergebnislos. Für viele Zyprer*innen ist diese Spaltung schmerzhaft, weil Familien getrennt und Dörfer geteilt sind.
Bei der jüngsten Präsidentschaftswahl im Norden der Insel im Oktober 2025 gewann der Oppositionskandidat Tufan Erhürman mit etwa 63 Prozent der Stimmen. Erhürman möchte, dass Nord- und Südzypern wieder stärker zusammenarbeiten. Außerdem strebt er eine engere Anbindung Nordzyperns an die Europäische Union an.
Viele Menschen hoffen, dass sich dadurch etwas verändert – und dass es vielleicht wieder neue Gespräche zwischen beiden Seiten geben kann. Denn der größte Wunsch vieler Zyprer*innen ist, dass ihre Insel eines Tages wieder vereint wird oder die beiden Teile zumindest friedlich miteinander leben können.
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Video-Tipp
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